Verantwortung zu lernen ist für Jugendliche wichtig

Der jungen Generation werden heutzutage häufig mangelnder Respekt, Oberflächlichkeit und fehlende Manieren vorgeworfen. Doch hat sich wirklich etwas verändert? Haben Jugendliche noch die gleichen Wertvorstellungen wie noch vor einigen Jahrzehnten? Diesen Fragen ist die „Schwäbische Zeitung“ in Aulendorf nachgegangen und hat sich bei Organisationen, der Stadt und der Kirche erkundigt, wo Jugendliche Werte und Gemeinschaftssinn heutzutage vermittelt bekommen.

 

Gedämpftes Licht, ein paar Jugendliche konzentriert positioniert und professionell anmutend um einen Billardtisch, einige andere in Sesseln und auf Sofas lässig plaudernd und lachend um den Tisch herum. Diese Szenerie im Aulendorfer Jugendtreff hätte sich mit anderen Jugendlichen, die die Klamotten eines anderen Mode-Trends am Leib tragen und die die Sprache einer anderen Jugendgeneration sprechen, genauso vor 20 oder auch 30 oder gar noch mehr Jahren finden lassen können. Jugendliche, die beieinandersitzen, miteinander reden, miteinander lachen – im heutigen Jargon schlicht miteinander „chillen“.

 

„Wir haben hier sozusagen einen Stamm von etwa zehn Jugendlichen, die fast täglich hier sind. Es ist ihr Hobby hierherzukommen, miteinander abzuhängen und beispielsweise Billard zu spielen. Aber genau das ist auch Sinn und Zweck unseres Jugendtreffs – ihnen unter Aufsicht einen Raum und Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, bevor sie ziellos durch Aulendorf streifen und möglicherweise auf dumme Gedanken kommen“, erläutert Franziska Wiest von der „Offenen Jugendarbeit“ Aulendorf. Darüber hinaus würden die jungen Leute auch zu einer Mitverantwortung für ihr Terrain herangezogen, berichtet sie weiter.

 

Bitte und Danke sind Schlüsselwörter

„Nur nehmen gibt es nicht.“ Daher würden Jugendliche ab 14 Jahren beispielsweise zum Jugendbegleiter ausbildet und würden dann für einige Stunden für die Aufsicht der Einrichtung ernannt. So würden die Kids lernen, was es bedeutet, Verantwortung für sich und vor allem auch andere zu übernehmen. Im Gegenzug dürfen sie selbst über ihren Jugendtreff mitentscheiden und sich mit Ideen einbringen. „Für diese Jugendlichen ist der Treff wie eine zweite Heimat, daher ist es für uns ganz klar, dass sie eine gewisse Mitverantwortung tragen müssen“, erzählt Wiest.

 

Wiest und auch ihr Kollege Florian Rudolph sind dabei bemüht, ihren Schutzbefohlenen schon im ganz Kleinen und Banalen grundsätzliche Werte zu vermitteln. „Der Umgangston unter den Kids ist schon manchmal erschreckend rau. Aber für uns geht ohne ein Bitte und Danke ganz einfach schon mal gar nichts“, erklärt Wiest bestimmt und fährt fort: „Außerdem müssen die Jugendlichen lernen, hier Ordnung zu halten und achtsam mit den Dingen umzugehen, getreu dem Motto: Zu Hause müsst ihr so etwas doch auch machen. Oder eben gerade nicht?“, sinniert Wiest und fährt nachdenklich fort: „Man weiß eben nicht, welche Heranwachsenden mit welchen Erfahrungen man vor sich hat, man kann nur versuchen, sie alle mitzunehmen.“

 

Mitgenommen werden Aulendorfs Jugendliche in ihrem Treff seit Neuestem auch in sogenannten Präventionsveranstaltungen durch die Polizei. Hierfür seien gerade auch die jüngsten Vandalismus-Vorfälle in Aulendorf in Form von Schmierereien oder auch bloßer Zerstörungswut ausschlaggebend gewesen. „Die Polizei hat dabei mit den Jugendlichen über alle prekären Themen geredet“, berichtet Wiest und ergänzt: „Alkoholmissbrauch, Drogenkonsum, Vandalismus, quasi ein Rundumschlag, denn das geht ja oftmals miteinander einher.“ Auch würden die Zeitungsartikel über die Randale immer noch im Treff aushängen, um die Vorfälle nicht alsbald wieder in Vergessenheit geraten zu lassen, so Wiest.

 

Sich in der Ministrantenstunde mit Respekt begegnen

Haben solche gut organisierte Jugendtreffs andere Organisationen und Einrichtungen, in denen Kindern und Jugendlichen seit jeher innerhalb einer Gemeinschaft Werte und Tugenden vermittelt werden konnten, mittlerweile ersetzt? Dem sei nicht so, weiß Wilma Hensler von der Stadt Aulendorf, Ansprechpartnerin im Bereich „Jugend“, zu berichten. So sei in den Jugendvereinen weder eine steigende noch fallende Tendenz abzulesen, die Mitgliederzahlen schwankten jährlich um ein stabiles Niveau – sei es bei den Sport- oder Musikvereinen oder bei den Ministranten.

 

Pfarrer Anantham Antony betont, dass beispielsweise in den Ministranten-Gruppenstunden neben den christlichen Werten auch wichtig sei, sich mit Respekt zu begegnen und Gemeinschaft zu pflegen, gerade im Zeitalter der Smartphones. „Bei uns werden Kameradschaft und Teamfähigkeit sehr großgeschrieben“, berichtet auch Simon Schaaf, Leiter der Jugendfeuerwehr. „Auch Hilfsbereitschaft und ökologische Gesichtspunkte sind uns sehr wichtig. Aber sich in jeder Lage auf seine Kameraden verlassen zu können, ist das A und O. Man rennt schließlich auch nie alleine in ein brennendes Haus.“

 

Dass viele Aulendorfer Jugendliche eine gute Teamfähigkeit haben, ist nach Erzählungen von Franziska Wiest vom Jugendtreff bei der Eröffnung eines Projekts deutlich geworden. „Da haben sich die Jugendlichen für ihre Besucher alle so richtig schick gemacht und die Leute aufs Höflichste bedient“, erzählt Wiest. „Sie waren sogar so überzeugend, dass sie von Gästen gefragt wurden, ob sie sich auch vorstellen könnten, auf ihrer Hochzeit zu kellnern.“